„Elf Freunde sollt ihr sein …

… müsst ihr aber nicht!“ – Kohäsion, Leistung und Teambuilding

Nach aktuellem Stand sind elf „Freunde“ – bei gleichem sportlochen Niveau – nicht grundsätzlich leistungsstärker als die elf Spieler, welche nicht miteinander befreundet, ja sich wohlmöglich nicht einmal sympathisch sind. Die sozialpsychologische Forschung hat dieses Phänomen unter dem Begriff der Kohäsion vielfach untersucht.

Ganz allgemein beschreibt Kohäsion das Phänomen des Zusammenhalts von Gruppen welches in jeder Mannschaft und jedem Team im Sport mehr oder weniger stark ausgeprägt vorhanden ist. Der Begriff Kohäsion kann also auch mit Zusammehangskraft oder Gruppenzusammenhalt übersetzt werden, wobei bis heute auch Begriffe wie Gemeinschaftssinn, Teamgeist, Wir-Gefühl oder Solidarität gebraucht werden. Er beschreibt einen dynamischen Gruppenprozess. Dieser Prozess kennzeichnet sich durch (a) die emotionale Bindung der Mitglieder untereinander sowie durch (b) die Bindung an eine gemeinsame Aufgabenerfüllung bzw. Zielerreichung.

Aus diesem Grund unterteilt man die Kohäsion in zwei Arten bzw. zwei Kräftedimensionen des Gruppenzusammenhalts: Die Sozialkohäsion und die Aufgabenkohäsion. Die Sozialkohäsion bildet die durch zwischenmenschliche Sympathie geprägte Attraktion einer Gruppe ab. Sie bezieht sich auf den Wunsch des Sportlers soziale Kontakte zu knüpfen, persönliche Beziehungen aufzubauen und/oder gemeinsam etwas zu unternehmen. Die Aufgabenkohäsion (auch: aufgabenorientierte Kohäsion) bildet den Vorteil des Einzelnen ab, wenn er Mitglied der Gruppe ist. Sie offenbart sich über die gemeinsamen Ziele und Arten der Aufgabenbewältigung, welche einer Gruppe zugeschrieben werden und denen sich jedes einzelne Mitglied verpflichtet fühlt.

Damit sich die Aufgabenkohäsion positiv entwickelt ist es wichtig, dass die gemeinsamen Ziele auch realistisch sind und das Trainer als auch das Team die gleichen Ziele verfolgen. Innnerhalb der Teamentwicklung (hier: nach Tuckman) ergibt sich eine belastbare soziale Kohäsion erst in der dritten Phase (norming). Sie bildet die Basis für die vierte Phase (performing), in welcher die Aufgabenkohäsion eine entscheidende Rolle spielt.


Kohäsion und Leistung

Kohäsion ist ein multidimensionales Konstrukt. Die Ausprägung der Kohäsion sowie ihr Einfluss auf Leistung stehen wechselseitig mit vielen anderen gruppenspezifischen Struktur- und Prozessmerkmalen in Verbindung. Diese Merkmale sind:

  • Zufriedenheit innerhalb der Gruppe
  • sportartspezifischer Aufgabentyp,
  • Ausmaß an Identifikation mit der Gruppe,
  • Anspruchs-/ Leistungsniveau der Gruppe,
  • Zielsetzungsmethoden
  • Kommunikation
  • Gruppengröße (inverse Beziehung zur Kohäsion),
  • Methoden der Rollenverteilung,
  • Akzeptanz und Art der Führung sowie
  • Aufbau und Einhaltung der Teamnormen.

Insbesondere die Ausbildung und Einhaltung von Teamnormen besitzt einen wesentlichen Einfluss auf den Zusammenhang von Kohäsion und Leistung, aus welchem sich auch sportwissenschaftliche Interesse an der Kohäsionsforschung begründet. Werden Teamnormen ausgebildet, deren Basis sich auf hartes Training und sportliche Weiterentwicklung (als primäre Gruppenfunktion) bezieht, ist von einer Leistungssteigerung bei steigender Kohäsion auszugehen. Werden Teamnormen ausgebildet, deren Basis sich auf gemeinsamen Spaß und das Aufbauen von Freundschaften (als primäre Gruppenfunktion) bezieht, sind bei steigender Kohäsion leistungsmindernde Effekte zu erwarten, da es zu hoher Konformität von leistungsschwachen Mitgliedern kommt. Somit bleibt festzuhalten:

Mit steigendem Leistungsniveau hat eine steigende Kohäsion auch leistungssteigernde Effekte!

Mit Blick auf den bidirektionalen Einfluss von Kohäsion und Leistung können letztlich folgende Aussagen getroffen werden:

  1. Die Relevanz der Kohäsion für die Leistung einer Gruppe nimmt mit dem Ausmaß zu, mit welchem die Gruppenmitglieder sportartbedingt interagieren müssen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen.
  2. Die Aufgabenkohäsion in Sportspielmannschaften (in interaktiven Sportarten) besitzt einen tragenden Einfluss auf die Leistung.
  3. Eine hohe Sozialkohäsion in Sportspielmannschaften (in interaktiven Sportarten) wirkt nur leistungsfördernd, wenn auch gleichzeitig die Aufgabenkohäsion hoch ist.
  4. Eine hohe Sozialkohäsion und eine niedrige Aufgabenkohäsion können eher leistungsmindernd wirken.

 Somit bleibt weiter festzuhalten:

Die Sozialkohäsion sollte niemals die Aufgabenkohäsion ersetzen.

 

Es gibt allerdings auch Risiken, welche im Zusammenhang mit Kohäsion im Blick behalten werden sollten. So birgt eine zu niedrige Kohäsion aufgrund hoher zwischenmenschlicher Antipathie und fehlender gemeinsamer Ziele ein hohes Konfliktpotential. Aber auch eine zu hohe Kohäsion kann zu hoher Entscheidungskonformität führen und birgt somit ein hohes Risiko destruktiver oder suboptimaler Gruppenentschidungen (Stichwörter: Gruppenpolarisierung, Risk Shift).

Welchen Einfluss dabei Teambuildingmaßnahmen auf die Ausbildung der Kohäsion haben lest ihr in meinem nächsten Blog!

 

 

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